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Wenn Alltag zur Last wird: Wie Persönlichkeit und Stress unser Erschöpfungsrisiko bestimmen

Manche Menschen scheinen mühelos durch die Herausforderungen des Alltags zu gehen, während andere schnell an ihre Grenzen stoßen. Woran liegt das?


Mehr dazu heute im #LOVETALK.


Eine italienische Studie deutet darauf hin, dass nicht nur äußere Umstände, sondern auch ein bestimmtes Persönlichkeitsmerkmal eine Rolle spielen könnte.


Belastung im Alltag – mehr als nur äußere Faktoren


Oft finden wir klare Gründe für unser Erschöpftsein: Überstunden im Job, die Doppelrolle zwischen Beruf und Familie oder die Pflege von Angehörigen. Hinzu kommen manchmal ungesunde Bewältigungsstrategien wie übermäßiges Grübeln oder Ablenkung durch schlechte Gewohnheiten. Kein Wunder also, dass sich viele Menschen ausgebrannt fühlen.


Doch was ist, wenn bereits die „normalen“ Anforderungen des Lebens zu viel erscheinen? Wenn wir uns auch ohne extrem hohe Belastung immer wieder erschöpft fühlen? Hier lohnt der Blick auf innere Faktoren.


Persönlichkeit als Risiko?


Psycholog:innen sprechen von den „Big Five“ – den fünf zentralen Persönlichkeitsmerkmalen: Neurotizismus, Extraversion, Offenheit, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit. Besonders der Neurotizismus gerät dabei ins Blickfeld, wenn es um Stressanfälligkeit geht.


Menschen mit einem hohen Neurotizismus-Wert sind oft schneller gereizt, neigen zu Sorgen und erleben Belastungen intensiver. Forschende der Sapienza-Universität in Rom gingen der Frage nach, ob dieses Persönlichkeitsmerkmal das Risiko für emotionale Erschöpfung erhöht.


Ein Blick in die Studie


Für ihre Untersuchung arbeiteten die Wissenschaftler:innen mit 271 Erwachsenen, die in stressreichen Berufen tätig waren. Zunächst ermittelten sie, wie stark Neurotizismus bei den Teilnehmenden ausgeprägt war. Anschließend maßen sie die sogenannte Herzfrequenzvariabilität (HFV) während eines Arbeitstags.


Die HFV beschreibt, wie flexibel das Herz auf Belastungen reagiert. Eine niedrige HFV bedeutet, dass das Herz kaum anpassungsfähig ist – ein Zustand, der paradoxerweise häufig mit höherer Erschöpfung verbunden ist.


Das Ergebnis: Personen mit hoher Neurotizismus-Ausprägung und gleichzeitig niedriger HFV berichteten am Ende des Tages von besonders starker emotionaler Ermüdung. Damit sehen die Forschenden einen möglichen Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und Erschöpfungsrisiko.


Sind wir unserer Persönlichkeit ausgeliefert?


Die eigene Persönlichkeit wirkt auf den ersten Blick unveränderbar. Doch „relativ stabil“ heißt nicht, dass wir für immer festgelegt sind. Erfahrungen wie Verluste, neue Lebenssituationen oder prägende Begegnungen können unsere Persönlichkeit beeinflussen. Ein eher introvertierter Mensch kann in bestimmten Kontexten durchaus gesellig auftreten – und umgekehrt.


Außerdem lassen sich Strategien erlernen, die helfen, mit Belastungen gesünder umzugehen. Auch ein hoher Neurotizismus muss also nicht zwangsläufig bedeuten, dauerhaft anfällig für Erschöpfung zu sein.


Wege, die Kraft geben


Neben der eigenen Persönlichkeit spielen auch andere Ressourcen eine Rolle: soziale Beziehungen, Unterstützung im Umfeld, bewusste Entscheidungen und flexible Denkmuster. Wir können lernen, neue Perspektiven einzunehmen, unsere Erwartungen an uns selbst zu überdenken und andere Reaktionen auf Stress zu entwickeln.


Erschöpfung muss also nicht unser Dauerzustand sein. Wer immer wieder an denselben Punkt gelangt, hat die Möglichkeit, neue Wege auszuprobieren – und damit die Erfahrung zu machen, dass Veränderung möglich ist.

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